compay-online.de

Online seit 6877 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 18. Feb, 01:42

Marxismus Emeritus

Bei meinen Recherchen zu einem Referat habe ich zufällig folgenden Artikel von Georg Fülberth gefunden, den ich sehr wertvoll finde. Er hat das sich bereits 1999 ankündigende Ausscheiden des Marxismus aus den bundesdeutschen Hochschulen zum Gegenstand – und begrüßt dies in letzter Instanz.
Eine Einschätzung, die ich persönlich – mehr und mehr im Laufe meines Studiums der Politik"wissenschaften" in Marburg – zu verstehen beginne. Von daher sei dieser Artikel all denjenigen empfohlen, die ernsthaft überlegen noch irgendwo in der BRD ein gesellschaftswissenschaftliches Studium zu beginnen. Nur damit es später nicht heißt: "Ich hatte ja keine Ahnung!"
Aber auch diejenigen, die sich – wie ich – noch durch ein solches Unterfangen kämpfen oder es gerade abgeschlossen haben und an sich selbst den Anspruch haben "MarxistIn" zu sein (eine Selbstbezeichnung, die seit dem Verschwinden des Marxismus aus den Hochschulen immer mehr den Charakter eines selbstverliehen Ordens unter linken AkademikerInnen bekommt – allerdings völlig losgelöst von einer weltanschaulichen Konsequenz und Kohärenz. Da ist mir die Beschimpfung doch lieber gewesen! Aber egal.) sollten diese Anregung nutzen ihr eigenes Wirken kritisch zu hinterfragen.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim lesen – und gute Besserung!

© Georg Fülberth, in: Die Zeit 30/1999


Die Vertreter des Historischen Materialismus an den deutschen Universitäten gehen in Rente. Eine Bilanz

Die anrollende Pensionierungswelle an den Hochschulen wird auch eine ganze Alterskohorte von marxistischen Professoren hinausspülen. Die Frage lautet, was sie in der Zwischenzeit getrieben haben und wem - außer ihnen selbst - ihr Aufenthalt an der Universität genützt hat.

Dass Marxisten im Lehrkörper zumindest höherer staatlicher Anstalten nichts zu suchen hatten, war seit Bismarcks Zeiten nicht nur die Auffassung der Obrigkeit, sondern im Grunde auch der Revolutionäre selbst: Die Universität war eine Einrichtung des gegnerischen Klassenstaats, die eigenen Leute - etwa der Historiker Franz Mehring - schrieben in der sozialistischen Presse und lehrten an der Parteischule. Falls in der Weimarer Republik doch einmal ein Marxist Professor wurde - zum Beispiel der Jurist Karl Korsch in Jena -, blieb dies eine Episode. In der faschistischen Zeit sodann waren die deutschen Universitäten marxistenfrei. Ab 1945 war dies in den Westzonen und der Bundesrepublik zunächst kaum anders. Marxisten, die dort auf Lehrstühle gelangten, waren Ehemalige. Wolfgang Abendroth in Marburg ist die einzige Ausnahme gewesen.

Zugleich regte das aus der Emigration nach Frankfurt/Main zurückgekehrte Institut für Sozialforschung unter der Leitung von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno eine nicht nur marxologische Aktualisierung dialektischen Denkens an - der Spiegel fand das lustig und spöttelte über das "Café Marx".

Die sich diesem Zirkel zurechneten, akzeptierten mehr oder weniger den Knacks, den es inzwischen im Verhältnis ihrer Lehrer zu dem gegeben hatte, was diese als das "positivistische" Element des im Osten etablierten Marxismus ablehnten. Anfang der vierziger Jahre hatte sich Horkheimer mit einem langen Brief von dem kommunistischen Krisen- und Zusammenbruchstheoretiker Henryk Grossmann, der Mitarbeiter des Instituts war, distanziert. Er warf ihm vor, nicht mehr in der Souveränität dialektischen Denkens, sondern in der Realität des konkreten Verlaufs von Wissenschafts-, Ökonomie- und politischer Geschichte die entscheidende kritische Potenz zu suchen. Diese Trennung ist nie wieder revidiert worden (Grossmann ging 1948 direkt aus den USA nach Leipzig), und aus ihr resultierte unter anderem ein manchmal aseptisch anmutendes Misstrauen gegen konkrete politische Praxis, die als Affirmation einer schlechten Realität (zu der auch die Arbeiterklasse, so wie sie war, gehörte) wahrgenommen werden konnte. Nicht um Klassenkampf ging es, sondern um Kritische Theorie. Diese Verkürzung machte das "Neo" im Neomarxismus aus. (Horkheimer und Adorno hätten den zweiten Teil des eigentümlichen Wortes damals wohl nicht mehr für sich akzeptiert.) ...

... weiter lesen

Trackback URL:
https://compay.twoday.net/stories/2302627/modTrackback

logo

compay:online

«KLEINBÜRGER AUF ABWEGEN»

»Playlist


Die Goldenen Zitronen
Lenin


The Paperbacks
An Episode of Sparrows

»NEWS

»Empfehlungen


Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend
SDAJ


Autorin
Iris Rudolph


Zeitung der DKP Marburg
Marburger Echo



Zeitschrift
Marxistische Blätter


Uber-Band!
The Weakerthans


Freund & Kollege
Andi Courage


Kleinkunst
Talente Online


Liedermacher
Kai Degenhardt



Singer-Songwriter
Greg Macpherson


»so man die Verhältnisse nicht nur anschauen möchte«
Magis China-Blog


Unsere Zeit(ung)
UZ


Deutschlands bester Rapper
Prinz Pi



linke Tageszeitung
junge Welt



großartige Rockband
Jupiter Jones


Master of Entertainement himself
Bernd Begemann


Zeitschrift
Theorie & Praxis


Dichter
Peter Hacks


Ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung des realistischen Sozialismus
Rotfuchs


Nachrichtenportal
RedGlobe


Deutsche Kommunistische Partei
DKP


sympathischer Historiker
Kurt Gossweiler