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Zuletzt aktualisiert: 18. Feb, 01:42

Fundus

Theoretische Anstrengung forcieren

Dem Philosophen Hans Heinz Holz gelingt es immer wieder zu zeigen, wie aktuell der Marxismus heute ist und welche analytische Kraft er besitzt. Hier ein weiteres Beispiel:

© Hans Heinz Holz, in: junge Welt vom 02.09.06



Standortdiskussion unter italienischen Kommunisten bringt wichtige Gedanken zur Sozialismustheorie, politischen Ökonomie und für die revolutionäre Strategie
Die Diskussionen um die neue Linke, die sich aus PDS und WASG formieren soll, nehmen mehr und mehr den Charakter pragmatischer Differenzen im Hinblick auf aktuelle politische Taktiken innerhalb des herrschenden Gesellschaftssystems an. Eine marxistische Linke hat aber Alternativen zu der kontraproduktiven Funktionsweise dieser Gesellschaft zu formulieren. Auf dem konsequent marxistischen Flügel der italienischen Kommunisten wird eine solche Grundsatzdiskussion geführt. Zeitschriften wie Marxismo Oggi und Contradizzioni tragen dazu theoretisches Material zusammen, das von der deutschen Linken wenig zur Kenntnis genommen wird.
Warum überhaupt theoretische Diskussionen? Ist nicht die Praxis des Klassenkampfs wichtiger in diesem Augenblick, in dem die Kapitalistenklasse in der ganzen Welt einen Generalangriff auf den sozialen Status des Volkes und seine politischen Rechte führt?
Die Bedeutung der Theorie für eine konsequente sozialistische Strategie steht außer Frage. Eine zielstrebige Politik bedarf einer theoretisch begründeten und gefestigten Position, von der aus der Kampf um eine bessere Gesellschaft geführt werden kann. So betont Roberto Gabriele mit Recht, »daß es sich darum handelt, die Qualität der objektiven Faktoren zu begreifen, die die Krise bestimmt haben«. Alessandro Mazzone fordert daher, »nicht allein das Warum (dieser Krise), sondern vor allem die Art und Weise zu begreifen«. Der in dieser Analyse entstehende Begriff der Krise sollte, so meint Stefano Garroni, zu »Formwandlungen des Marxismus« führen: Nur auf der Grundlage einer universalen Theorie der Epoche, die durch die Oktoberrevolution eingeleitet wurde, und der Phase dieser Epoche, in der wir gegenwärtig stehen, sei eine politische Praxis zu entwerfen, die einen Begriff von ihren Bedingungen, Inhalten und Zielen besitzt.

Kommunistische Identität
So haben wir drei gleichgerichtete Aspekte, die für eine revolutionäre Praxis theoretisch verarbeitet werden müssen. Welches sind nun inhaltlich die Probleme, mit denen sich auseinanderzusetzen nötig ist, um einen Boden für eine solche Praxis zu gewinnen?
Es ist der Bourgeoisie gelungen, eine große Zahl von Kommunisten ihrer Geschichte zu entfremden und damit die historische Identität der Bewegung zu zerstören. Daß ihr dies gelungen ist, zeigt objektiv eine Niederlage der Kommunisten im Kampf um die ideologische Hegemonie an. Kommunisten sind aber nur solche, wenn sie sich als Glied und Resultat der Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung verstehen – mit allem Heroismus, allen Leistungen und auch mit allen Fehlern und allem Unrecht, das in einem solchen »Kampf auf Leben und Tod« (Hegel) begangen worden ist. Der entscheidende Einschnitt in dieser Geschichte ist die Oktoberrevolution, in der die Arbeiterklasse sich gegen eine Welt von Feinden als politisch siegreich erwies und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft beginnen konnte. Daran ist festzuhalten, auch wenn die ungelösten inneren Widersprüche in der Aufbauphase des Sozialismus und die Macht der äußeren Feinde schließlich das Scheitern dieses Versuchs bewirkten. Die (letztendlich weltweit organisierte) Arbeiterklasse, geführt von der Kommunistischen Partei, hat in diesem Versuch bewiesen, daß sie selbst unter ungünstigsten Bedingungen einen wirklichen Fortschritt erkämpfen kann; und die Verelendung der ehemals sozialistischen Staaten Osteuropas nach der Konterrevolution läßt nachträglich die Größe dieses Fortschritts erst richtig erkennbar werden.
Roberto Gabriele hat also durchaus recht, wenn er auf der »Verteidigung des historischen Erbes der kommunistischen Bewegung« besteht. Aber dieses Erbe läßt sich nur verteidigen, wenn die objektiven inneren Widersprüche, die zum Zusammenbruch geführt haben, mit dem dialektischen Instrumentarium des Historischen Materialismus erklärt werden. Emotionale Solidarisierungen und moralische Verurteilungen sind inadäquat – obwohl Emotionalität ein Moment unserer Subjektivität und unseres revolutionären Elans ist und auf Moralität für revolutionäres Verhalten nicht verzichtet werden kann. Nur: Wir müssen zwischen der zu fordernden Moralität der Person und den übergeordneten geschichtlichen Strukturen unterscheiden, damit wir nicht in die »Kammerdienerperspektive« verfallen, die schon Hegel mit Verachtung kritisierte, und wir Politik unter den Kategorien des privaten Lebens betrachten. Dem Bewußtsein des »Bourgeois« haben wir das des »Citoyen« entgegenzusetzen!
Eine historisch-materialistische Analyse der Geschichte der vergangenen hundert Jahre als einer Geschichte weltpolitisch verschärften Klassenkampfs ist die Voraussetzung, kommunistische Identität im Wirbel der Veränderungen zu erhalten – eine Identität, die Karl Marx und Friedrich Engels, Antonio Labriola und Antonio Gramsci, Lenin, Stalin und Mao einschließt, und die, gut dialektisch, eine Identität von Identität und Nicht-Identität ist. Nur aus theoretisch begründeten »kritischen Bewertungen« ist die Kraft zu gewinnen, »wieder eine Initiative mit langem strategischem Atem zu ergreifen« (Gabriele).
Halten wir daran fest, daß die Oktoberrevolution kein historischer Fehler war, wenn sie auch unter den Bedingungen der Unreife stattfand. Das ist die Konsequenz, die Eros Barone gezogen hat.

Kapitalismus und Krise
Um sich klarzumachen, welche epochenwandelnde beispielhafte Bedeutung die Oktoberrevolution besitzt, muß man einsehen, daß der Kapitalismus im 20. Jahrhundert noch genügend materielle Ressourcen und Entwicklungsmöglichkeiten der Produktivkräfte besaß, um der Phase der allgemeinen Krise, in die er nach dem Ersten Weltkrieg eingetreten ist, eine langfristige Überlebensdauer abzugewinnen. Es gibt aber kein »Ende der Geschichte«, wie bürgerliche Geschichtsphilosophen uns einreden wollen. Und weil die Geschichte über den gegenwärtigen Stand der universellen Herrschaft des Kapitals hinaus weitergeht, bleibt unsere Epoche die des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus– mit der einzigen anderen Alternative zur Barbarei, wie Rosa Luxemburg 1915 sagte. Weil aber der Kapitalismus auch heute noch– wie 1917/18 – stark genug ist, um sich gegen revolutionäre Kräfte durch ideologische Manipulation und durch repressive Gewalt zu behaupten, besteht heute wie 1917 die Möglichkeit, daß die Kette an einem schwachen Glied bricht, das heißt in einem Land mit unreifen Bedingungen, aber offenen, zugespitzten Widersprüchen.
Jede Revolution wird aber heute ihrer Tendenz nach eine sozialistische sein. Denn es gibt in den Entwicklungsländern keine Möglichkeit mehr, die bürgerliche Revolution nachzuholen, um den historischen Weg durch die bürgerliche Gesellschaft zur sozialistischen zu gehen. Jede bürgerliche Revolution würde das Land, in dem sie stattfindet, nicht für die konstruktiven Kräfte des Kapitalismus, über die er in seiner Aufbauphase verfügte, freisetzen, sondern es nur dem Ausbeutungsmechanismus des akkumulierten Kapitals der imperialistischen Mächte ausliefern. Seit 1945 gibt es dafür Beispiele genug. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß auch in Zukunft die »Übergangsgesellschaft vom Kapitalismus zum Kommunismus« wie die Sowjetunion 1917 den Sprung aus einem quasi »kolonialen« Kapitalismus in den Sozialismus wird wagen müssen (Aldo Serafini) – was neue Widersprüche – ökonomische, institutionelle, ideologische – hervorbringt und »die Möglichkeit ausschließt, in eine ›Formel‹ eingeschlossen zu werden«. Mit jeder Revolution, die stattfinden wird (wie zum Beispiel in Venezuela) oder die dem Druck des Kapitalismus widerstehen kann (wie Kuba), ist die weltweite kommunistische Bewegung herausgefordert – nicht nur zur Solidarität, sondern vielmehr zu einer internationalistischen Konzeption des Klassenkampfs, frei von allen Klassenkompromissen, die immer nur, wie Mazzone treffend schreibt, »Siege der herrschenden Klasse« sind, und frei von ihrer »heutigen sozialdemokratischen und pazifistischen Version« (Gabriele).
Daß die Sicherung einer Revolution, wo immer sie stattfinden mag, nur durch die Errichtung eines »dem Wesen nach sozialistischen Regimes« (Serafini), also mit den Mitteln der Diktatur des Proletariats, möglich ist, scheint mir evident. Um aber die darin liegenden Gefahren der Deforma tion sozialistischer Institutionen zu bannen (deren Beispiele wir in der Vergangenheit erlebt haben), bedarf es einer Theorie der Organisationsformen von Staat und Gesellschaft in Ländern, die nicht von der Stufe des Staatsrechts in vollentwickelten bürgerlichen Gesellschaften ausgehen können. Die Fortbildung des bürgerlichen Rechtssystems zum sozialistischen ist eine Sache, die Ausbildung eines sozialistischen Rechtssystems von einer vorbürgerlichen Gesellschaftsverfassung aus eine andere. Wenn hier auch jeweils die besonderen Umstände entscheidend sind, so schließt doch gerade auch die historische Besonderung die Gefahr eines pragmatischen Opportunismus ein (übrigens in beiden Entwicklungsvarianten)‚ der durch die theoretische Ausarbeitung formaler Anforderungen an eine sozialistische Legalität entgegengewirkt werden muß.

Probleme des Übergangs
Zu den Erfahrungen unserer Geschichte wie zu den dialektischen Erkenntnissen von den strukturellen Widersprüchen in jedem Gesellschaftssystem gehört es, sich der Fortdauer des Klassenkampfs (verschärft durch äußere Bedrohung) »auch in einem dem Wesen nach sozialistischen Regime« bewußt zu sein. Stalin wie auch Mao haben diese Seite der Dialektik der Geschichte betont. Selbst nach der Herstellung sozialistischer Eigentumsverhältnisse bleibt über lange Zeit bei vielen Menschen die Orientierung an vorsozialistischen Erwartungen und Wertvorstellungen erhalten. »Der politisch aktive Einfluß des Bewußtseins – das ›Bewußtseinsmoment‹« wirkt nicht nur progressiv auf der Seite der Revolution, sondern auch auf der des retardierenden Widerstands und der Konterrevolution (Garroni). Anders wären Phänomene wie Chruschtschow und Gorbatschow gar nicht verständlich. Serafini hat dieses Problem sehr deutlich formuliert.
Jede Theorie des sozialistischen Aufbaus – und wir brauchen eine solche Theorie und nicht nur die Kritik des Kapitalismus, um glaubwürdige Ziele setzen zu können, muß die neue Qualität des Klassenkampfs bei der Verteidigung der vom Proletariat gewonnenen politischen Herrschaft bestimmen. Vorrevolutionär ist der Kampf gegen ein bestehendes Herrschaftssystem; nach einer siegreichen Revolution muß Herrschaft mit dem Ziel ausgeübt werden, eine herrschaftsfreie Gesellschaft herzustellen; und angesichts starker innerer und äußerer Bedrohung wird die staatliche Gewalt nicht ohne Repression auskommen. In einer solchen Lage war die Sowjetunion – und dieser Widerspruch wird sich unter ähnlichen Umständen wiederholen. Um damit im Sinne des kommunistischen Ziels umgehen zu können, muß man theoretisch darauf vorbereitet sein.
Es ist klar, daß die Freiheit der theoretischen Auseinandersetzung eine Voraussetzung ist, um mit solchen Widersprüchen fertigzuwerden und praktikable Strategien für den Aufbau der gesellschaftlichen Organisationsform zu finden. Aber ebenso klar ist auch, daß fraktionelle Machtkämpfe die prekäre Stabilität eines gerade errichteten Regimes gefährden und notwendigerweise– auch wenn das die Protagonisten nicht wollen – dem Gegner nützen. Die Einheit der Partei (als der Organisationsform der revolutionären Kräfte) ist eine Bedingung ihrer Handlungsfähigkeit. Dabei ist es selbstverständlich, daß beim Aufbau einer neuen Gesellschaft sich mögliche Varianten und Optionen ergeben, über die Meinungsverschiedenheiten auch innerhalb der Partei bestehen können. Wir sehen das gegenwärtig in China. Nur ein hohes theoretisches Niveau kann garantieren, daß solche Meinungsverschiedenheiten nicht in politische Fraktionierungen umschlagen, sondern aufgrund von Argumenten entschieden werden. Weil es im Sozialismus nicht – wie im bürgerlichen Pluralismus – um Interessenkompromisse, sondern um konzeptionelle Konsistenz geht, müssen Entscheidungen aus Begründungen einer Gesamtsicht erfolgen und dann zur gemeinsamen Handlungsnorm werden. Das Modell des bürgerlichen Parlamentarismus ist auf die Aufbauphase einer neuen Gesellschaftsform nicht mehr übertragbar. Es war ein folgenschwerer Mangel beim Aufbau der Sowjetunion, daß sich die Machtstrukturen, mit denen die Diktatur des Proletariats durchgesetzt werden sollte, gleichsam naturwüchsig und daher bürokratisch-polizeistaatlich herausbildeten und es zu keiner praktisch wirksamen Diskussion über Verfassungsfragen kam, so daß auch die vorzügliche Verfassung von 1936 ohne Fundament im wirklichen Leben bleiben mußte.

Neue Theorie der Politökonomie
Es wäre falsch, unsere Aufmerksamkeit primär auf die Analyse für das Scheitern des Sozialismus in der Sowjetunion und den osteuropäischen Staaten zu richten. Die Aufgabe ist, operative Linien für einen zukünftigen Sozialismus zu entwickeln; dafür muß natürlich auch aus dem Vergangenen gelernt werden.
Beim ersten Versuch zum Aufbau des Sozialismus konnten die Kommunisten aus der Kritik am Kapitalismus heraus sozusagen unmittelbar an die stufenweise Errichtung der neuen Gesellschaft gehen. Nachdem dieser Versuch mit einer Niederlage endete, bedarf heute die Rechtfertigung der politischen Ziele des Sozialismus mehr als nur der Kritik der Mängel des Kapitalismus; wenigstens muß der allgemeine Grundriß einer sozialistischen Gesellschaft entworfen werden, um dem Vorwurf zu entgehen, das »Modell« sei ja durch die Geschichte widerlegt worden. Aber es ist für einen Dialektiker klar, daß die neue Qualität des Sozialismus sich nur als die »bestimmte Negation« der überwundenen Forma tion des Kapitalismus und des ersten realisierten Sozialismus definieren läßt. Das bedeutet, daß die Frage nach dem Übergang zum Sozialismus eine kritische Analyse der Struktur des gegenwärtigen Kapitalismus und seiner inneren Widersprüche voraussetzt.
Mazzone fordert mit Recht »eine Methode, die über die unbestimmten und zerstreuten sozialen Oberflächenphänomene hinausführt auf einen Begriff von den objektiven Prozessen des internationalen Monopolkapitalismus in der heutigen Phase«. Wir brauchen also eine Theorie der politischen Ökonomie des heutigen Kapitalismus. Diese Theorie muß fragen, wohin es führt, daß die Akkumulation des Kapitals mit zunehmender Beschleunigung fortgesetzt wird und gleichzeitig auch in den Metropolen die Kaufkraft der Massen sinkt und in den abhängigen Ländern eine Verelendung fortschreitet, von der jetzt schon die Hälfte der Menschheit betroffen ist. Daß die Akkumulation sich mehr und mehr in Form von Finanzoperationen und nicht als Folge von Produktivitätssteigerung vollzieht, signalisiert ein neues Stadium der Krise. Welche Bewegungsform hat der Grundwiderspruch von Kapital und Arbeit angenommen, in welchen gesellschaftlichen Institutionen manifestiert er sich? Welche Wirkungen hat der sich notwendig verschärfende Gegensatz zwischen kapitalistischer Ökonomie und ökologischen Überlebensbedingungen? Welches sind die Strategien »zur Ausschaltung der relativen Selbständigkeit des Politischen durch die Monopole« (Mazzone), in deren Folge der Klassenkampf stillgestellt wird? Welche Organisationsformen muß die Arbeiterklasse entwickeln, um der Internationalisierung des Kapitals entgegenzutreten? So viele Fragen – so wenige Antworten bisher. Und sicher werden die Antworten nicht in den aktuellen Gelegenheiten taktischer Tagespolitik gefunden, sondern bedürfen eines Konzepts, in dem die Wirklichkeit nicht durch Beschreibung von Phänomenen, sondern durch Ausarbeitung von Kategorien erkannt wird.

Königsweg der Dialektik
Zweifellos hat Garroni recht, wenn er betont, »daß das Bewußtsein für ein richtiges Verhalten zu den objektiven geschichtlichen Sachverhalten eine zentrale Rolle spielt«. Angesichts der Unübersichtlichkeit der empirischen Daten, in deren zersplitterter Fülle die Wirklichkeit begegnet; angesichts der Undurchsichtigkeit der determinierenden Strukturen, durch die die gesellschaftlichen Prozesse in scheinbar schicksalhafte Bahnen gelenkt werden; angesichts der Ablenkungsmanöver und Täuschungsfunktionen der Kulturindustrie – ist die Rolle des Bewußtseins für die revolutionäre Bewegung größer denn je. Bewußtsein bedeutet: Erstens »Anstrengung des Begriffs« (Hegel), um unter dem Schein der Unmittelbarkeit des Faktums die Komplexität seiner Vermittlungen zu erkennen; zweitens die Entscheidung für den Klassenstandpunkt, von dem aus der Kampf zu führen ist; schließlich aber auch drittens die Projektion des begriffenen Allgemeinen auf die Inhalte der eigenen subjektiven Lebenserfahrungen und Interessen. Garroni formuliert dies als Analogie: Ohne die dialektische Algebra der Revolution würde die Unmittelbarkeit der Lebenserfahrungen zu einem sich neutralisierenden Pluralismus der Subjektivismen; ohne die Arithmetik der Berechnung der besonderen Situation bliebe die Algebra ein leerer Schematismus. Der Königsweg der Dialektik verläuft in beiden Richtungen: »Die individualisierte Vorkämpferrolle der menschlichen Subjekte« wird hinausgehoben auf die Ebene der Allgemeinheit des Begriffs und ist aufgehoben (zugleich aufbewahrt und negiert) im Klassenstandpunkt. Die Allgemeinheit des Begriffs aber »erscheint und ist realisiert in der Einzelheit des individuellen Daseins«. Der griechische Dialektiker Heraklit sagt: »Der Hinweg und der Rückweg ist derselbe«. Man muß den Weg also zweimal gegangen sein, hin und her, um die Dialektizität der Wahrheit, die Einheit von Theorie und Praxis in der Praxis zu erreichen.

Liebe in Zeiten des Neoliberalismus

»Das Private ist politisch!« das meinen viele zu wissen. Dass aber vor allem auch das Politische privat ist, wird immer leicht vergessen.
Der Vorsitzende der Marx-Engels-Stiftung, Werner Seppmann, zeigt in seinem "junge Welt"-Artikel diesen Zusammenhang auf. Er stellt den Doppelcharakter »romantischer Liebe« in Klassengesellschaften dar: Einerseits »Flucht aus dem Alltag«, also regressive Widerspruchsverarbeitung, aber andererseits auch die »subversive Kraft«, die in dem ungebrochenen Bedürfnis nach Selbstentfaltung und Selbstbefreiung zum Ausdruck kommt.

© Werner Seppmann, in: junge Welt vom 24.08.06


Über das Streben nach erfüllter Zweisamkeit unter den Bedingungen eines entfesselten Marktes

Eigentlich widerspricht es den im Trend liegenden »individualisierten« Existenzbedingungen, daß traditionelle Vorstellungen über lebenspartnerschaftliche Gemeinsamkeiten sich eines wachsenden Zuspruchs erfreuen. Nicht nur Liebe und romantisch verklärte Treuevorstellungen, sondern auch Ehe und Familie behaupten einen hohen und nicht zuletzt bei Jugendlichen (wie die Shell-Jugendstudien der letzten Jahre für die Bundesrepublik belegt haben) sogar steigenden Stellenwert. Diese Wertschätzung einer vertrauensvollen Zweisamkeit korrespondiert aber nicht unbedingt mit der Alltagspraxis. Denn das partnerschaftliche Zusammenleben ist, wie nicht nur die steigenden Scheidungsraten dokumentieren, offensichtlich schwieriger geworden. Standen in der Bundesrepublik 1970 noch 575000 Eheschließungen einer Zahl von 104000 Scheidungen gegenüber, so ließen sich 2003 383000 Paare trauen, vollzogen aber auch 214000 die amtliche Trennung. Diese (in allen kapitalistischen Industrieländern ähnlich verlaufende) Entwicklung könnte mit einer gewissen Genugtuung als der Schwanengesang einer historisch überholten Institutionalisierung des Zusammenlebens verstanden werden. Jedoch ist bei einer Bewertung dieser Entwicklung Vorsicht angebracht, denn es befindet sich nicht nur die Ehe in der Krise. Auch die Zahl der Alleinerziehenden hat zugenommen, weil deren Partnerschaften auch ohne Trauschein gescheitert sind: Von den unverheirateten Paaren beschlossen 2003 sogar mehr als 400000 eigene Wege zu gehen (alle Zahlen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes).

Pluralisierte Lebensstile?
In beiden Konstellationen, dem staatlich sanktionierten wie auch dem »informellen« Zusammenleben, ist offensichtlich die Leidensbereitschaft und Zumutbarkeitsschwelle gesunken. Vor allen Dingen bei Frauen ist die Bereitschaft gewachsen, wieder eigenständige Lebenswege zu gehen, wenn ihnen ein weiteres Zusammenleben sinnlos erscheint. Doch ist diese Form lebenspraktischer »Selbstbestimmung« oft mit viel Leid und Verzweiflung für die sich trennenden Partner, aber auch ihrer Kinder verbunden, so daß es leichtfertig wäre, sie mit den medienwirksamen Formeln einer individualisierungstheoretischen Sozialmythologie zu belegen, die auch noch in dem Scheitern von Lebensentwürfen und den damit sehr oft verbundenen Weg in die Zonen der sozialen Gefährdung eine »Pluralisierung der Lebensstile« erkennen will.
Stillschweigend wird bei dieser Begriffsfassade vorausgesetzt, daß es sich bei der Wahl der Lebensstilmuster grundsätzlich um autonome, von den strukturellen Existenzvoraussetzungen weitgehend unabhängige Entscheidungen handelt. Das mag bei studentischen Wohngemeinschaften und bei einer kleinen Zahl beruflich qualifizierter und gut verdienender Singles gelten. Jedoch auch bei ihnen ist eine so leichthändige Zurechnung nicht weniger problematisch, als bei den meisten alleinerziehenden Vätern und Müttern oder den »Wochenendpartnerschaften«. Viele dieser »pluralisierten« Lebensformen können nur durch interpretatorische Willkür als Ausdruck einer sozial voraussetzungslosen Gestaltungskompetenz begriffen werden: Man muß wohl schon deutscher Soziologieprofessor sein, um angesichts zunehmender ökonomischer Zwänge, sozialer Destruktionstendenzen und des allgemein verbreiteten Gefühls der Hilflosigkeit (»Man kann ja doch nichts machen!«) so unreflektiert wie Karl Ott0 Hondrich von einer »Welle hin zur Freiheit« zu reden, die es nicht nur als »politische und ökonomische Freiheit«, sondern auch bei der Partnerschafts- und Lebensstilwahl gebe.
Diese Sicht hat mit der gesellschaftlichen Realität wenig zu tun. Sozialforschungen, die überhaupt noch solchen Fragen nachgehen, zeigen ein Paarungsverhalten, daß die Klassen- und Schichtgrenzen nur selten überschreitet. Statt Ausdruck einer grenzenlosen Gestaltungsfreiheit zu sein, erweist sich Partnerwahl als klassengesellschaftlicher Reproduktionsmechanismus. Soziale »Grenzen« werden bestenfalls bei der Verbindung mit einem Partner aus dem nächsthöheren oder nächstniedrigeren Sozialsegment »überschritten«.
Auch wenn die »Freiheiten« individualisierter Lebensverhältnisse sich in Grenzen halten, hat eine Transformation traditioneller Lebensformen stattgefunden, hat es auch positive Veränderungen gegeben, die nicht geringzuschätzen sind: Heute wird ein Zusammenleben ohne Trauschein gesellschaftlich kaum mehr geächtet und können (zumindest in den Städten Mitteleuropas) auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit stillschweigender Akzeptanz rechnen. Fragwürdige »Normalitäts«vorstellungen erodieren – und erleben ironischerweise ihre Wiederauferstehung in Versuchen (wie teilweise innerhalb des Feminismus), die eigenen sexuellen Präferenzen zu privilegieren. Dabei kann es dann passieren, daß die Verabsolutierung des eigenen Horizonts zu einer neuen Spießigkeit und einer demonstrativen Lustfeindlichkeit gerinnt.
Auch wenn die soziokulturellen Veränderungen eine Erweiterung individueller Gestaltungsoptionen darstellen, kann daraus jedoch nicht auf die Abwesenheit soziostruktureller Zwänge geschlossen werden. Denn das lebenspraktische Gesicht von »Individualisierung« ist Vereinzelung und Isolation. Ernsthaft kann nicht davon die Rede sein, daß die in Pflegeinstitutionen abgeschobenen alten Menschen oder alleinstehenden Frauen, die mit ihren Kindern einen trunksüchtigen und gewalttätigen Mann verlassen und zukünftig von sozialen Unterstützungsleistungen abhängig sind, ihren »Lebensstil pluralisieren« würden. Ebensowenig kann angenommen werden, daß die Lebensverhältnisse für jene fünf Millionen Kinder und Erwachsenen in einem positiven Sinne »vielgestaltiger« geworden sind, die innerhalb eines Jahrzehnts in der Bundesrepublik von Scheidungsverfahren betroffen waren und deren Lebenssituation sich deshalb einschneidend (und selten nur vorteilhaft) verändert hat.
»Dereguliertes« Leben
Sozialanalytisch seriös ist die Beschäftigung mit den Veränderungen und Aufsplitterungen der Organisationsmuster des privaten Lebens nicht von der Frage zu trennen, weshalb die Wünsche nach einem gemeinsamen Leben so oft scheitern, Liebe und Zuneigung immer seltener in der rauen Alltagswirklichkeit Bestand haben. Es müßte die Dramatik thematisiert werden, mit der sich die Lebens- und Arbeitsverhältnisse in den letzten beiden Jahrzehnten verändert haben; es müßte zur Sprache kommen, daß durch die Radikalisierung der Kapitalverwertungsstrategien sich soziale Unsicherheit und ein zunehmender Bewährungsdruck verallgemeinert haben und immer stärker in die Privatsphäre hineinwirken. Auf der Basis von Zeitverträgen läßt sich kein Leben planen. Weil partnerschaftliche Lebensweisen ein Mindestmaß zusammenhängender und verläßlicher Zeitstrukturen zur Voraussetzung haben, ist den entgrenzten Ansprüchen im Arbeitsalltag oft nur durch die »individualisierte« Gestaltung der privaten Lebensverhältnisse zu entsprechen.
Es bleibt für das Zusammenleben auch nicht ohne Konsequenzen, daß immer mehr Existenzen unter dem Vorbehalt des Scheiterns stehen, weil die berufliche Integration in jungen Jahren sich immer schwieriger gestaltet und Arbeitslosigkeit sowie berufliche Dequalifizierungen fast jeden treffen können. Auch müssen immer größere Anstrengungen unternommen werden, um den sozialen Status zu sichern: »Während noch vor fünfzehn Jahren eine Mittelschichtsfamilie 50 Stunden in der Woche arbeiten mußte, um ihren Lebensstandard gesichert zu sehen, muß sie jetzt über 100 Stunden arbeiten, um dasselbe Niveau zu erreichen, und zwar in fragmentarisierten, flexiblen Arbeitszeiten, so daß sich allmählich die Substanzstruktur der Familie aufzulösen beginnt.« (O. Negt) Der »flexible Mensch« entwurzelt (R. Sennet), denn soziale Bindungen stehen einer ökonomischen Selbstverwertung im Wege, die allseitige Verfügbarkeit, grenzenlosen Zeiteinsatz und geographische Mobilität verlangt.
Mit der Beschleunigung der ökonomischen Reproduktionsgeschwindigkeit haben sich neue Anforderungen an die psychosoziale Reaktionsfähigkeit der Menschen entwickelt, die wiederum auf die zwischenmenschlichen Verhaltensweisen zurückwirken; tendenziell gleichen sich die alltäglichen Sozialstandards den Reaktionsmustern im Wirtschaftsleben an. Die Kurzfristigkeit der Perspektiven in der Arbeitswelt prägen zunehmend eine Haltung der Unverbindlichkeit im Privaten. Die im Berufsleben aufgezwungenen egoistischen bis asozialen Durchsetzungsstrategien äußern sich im privaten Leben in einem berechnenden Verhältnis zum Mitmenschen.

Liebe als Utopie
Angesichts zunehmender Beziehungskatastrophen mutet die ungebrochene Option für die Liebe deplaziert an. Doch gerade weil das herrschende Konkurrenzklima und die beruflichen Anforderungsprofile der vertraulichen Zuneigung und dem Streben nach Gemeinsamkeit wenig förderlich sind, verstärkt sich das Verlangen nach ihnen. Auf die sozialen und emotionalen Defiziterfahrungen reagieren die Menschen mit überspannten Glückserwartungen mit der Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Das Verlangen nach verläßlichen Partnerschaften hat sich bei jungen Menschen als Ersatz für die erodierten Gesellschaftsutopien etabliert. Obwohl selbst der illusorische Schleier eines bürgerlichen Familienidylls zerrissen ist, hat er seine Funktion als Orientierungsmuster nicht eingebüßt: Ein »Bedürfnis nach Verläßlichkeit und Heimat geht in die Utopie der Familie ein, obwohl jedermann die Erosion der bürgerlichen Familienstrukturen mit Händen greifbar vor sich hat.« (O. Negt)
Die »romantische Liebe« war von Beginn an ein Krisensymptom: Sie wurde im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts (in literarischen Dokumenten) zu einer pathetischen Lebensäußerung stilisiert, nachdem die kapitalistische Rationalität in immer weitere Lebensbereiche eingebrochen war. Daraus, daß in einer bis dahin nicht gekannten Weise künstlerisch von der Liebe die Rede war, wurde später fälschlich geschlossen, daß ein sensibler Umgang der Geschlechter ein neuzeitliches Phänomen sei. Es wurde stillschweigend vorausgesetzt, daß das damalige Zeitalter die »romantische Liebe« erst »erfunden« habe. Tatsächlich gehört sie, wie die einschlägigen ethnologischen Studien dokumentieren, zum Grundvermögen des vergesellschafteten Menschen. Wie wäre auch sonst die thematische Konstanz des Liebesthemas in der Literatur aller Zeiten, ihre Idealisierung im Gilgamesch-Epos, der »Odyssee« Homers, im »Hohelied Salomons«, den Gedichten Walther von der Vogelweides oder die Tragik in »Romeo und Julia« zu erklären. Auch zum Zeitpunkt der politischen Etablierung der bürgerlichen Verhältnisse wurde dem zwischengeschlechtlichen Verhalten eine besondere Aufmerksamkeit erst in dem Moment zuteil, als es durch die sich ausbreitende Warenwirtschaft und der damit verbundenen Anonymisierung der Lebensverhältnisse bedroht wurde und tendenziell die »menschliche Würde [sich] in den Tauschwert aufgelöst« hatte (»Kommunistisches Manifest«: MEW 4, S. 465).
Die mit Weltfluchttendenzen verbundenen Liebesvorstellungen waren damals Ausdruck des Gefühls eines Verlustes – und dürfte es heute immer noch sein, weil auch die Liebe in den Sog der gesellschaftlichen Fragmentarisierungstendenzen, der Gefährdung sozialer Schutzräume und einer »Individualisierung« im Sinne von Vereinzelung geraten ist. Das Liebenwollen und das Liebenkönnen, der Wunsch nach Zweisamkeit und die Lebenspraxis in den neoliberalistischen Zeiten haben sich auseinanderentwickelt.
Nicht selten ist das Bemühen, den Verlust in einen Gewinn umzuinterpretieren. Mit Hilfe ideologischer Rationalisierungsformeln wird versucht, die individuellen Reaktionen auf die Fragmentarisierung der Existenzbedingungen als Ausdruck eines selbstbestimmten Lebensentwurfs erscheinen zu lassen. Jedoch ist es fraglich, ob besonders viele Menschen ohne den marktvermittelten Anpassungszwang bereit wären, ihr Leben als ein Provisorium einzurichten und sich der latenten Gefahr sozialer Isolierung auszuliefern. Die »freiwillige« Wahl dieser Existenzformen entlarvt sich bei genauerer Betrachtung als Konsequenz beruflicher Zwänge oder allgemeiner Lebensumstände (die meisten »Singles« sind ältere Menschen).

»Individualisiertes« Elend
Die Tendenzen zur Vereinzelung und sozialen Beziehungslosigkeit, auch zur sozialdarwinistischen Verachtung der Mitmenschen und zur Entwicklung von Selbsthaßsyndromen, sind Spiegelbild eines Lebens im Zeichen steter Unsicherheit und eines permanenten Bewährungsdrucks. Um in der Risikogesellschaft zu bestehen, müssen die Menschen die Disziplin und Zweckrationalität verinnerlichen, sie zu Maximen ihres Lebens machen: Leistung und Erfolg werden zu Imperativen allen Denkens und Handelns. Um sozial nicht zu unterliegen, müssen die Menschen ein zwanghaftes Verhältnis zu sich selbst einnehmen und bereit sein, Tag für Tag ein Stück der eigenen Emotionalität zu Markte zu tragen und ihre soziale Sensibilität zu beschädigen.
Besonders durch einen Blick auf die Geschlechterverhältnisse wird das ganze gesellschaftlich produzierte psychische Elend sichtbar: Nicht nur in den literarischen Zustandsbeschreibungen wird das Sexualleben als emotionale Wüste geschildert. Die herrschende Trostlosigkeit und die Intensität der Selbstentfremdung wird von vielen sexualwissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt, die eine Tendenz zur Anonymisierung, Beziehungsarmut und emotionalen Kälte beschreiben. Mit dem Fernsehen, dem Telefon und dem Computer wird die Beziehungslosigkeit überspielt: Eros verschwindet tendenziell in den Maschinen. Triebvitalität wird ins Virtuelle übertragen, zwischenmenschliche Vereinigungsbedürfnisse auf Ersatzhandlungen reduziert.
Auch das Versprechen einer »sexuellen Revolution« ist von der bürgerlichen Gesellschaft nicht eingelöst worden. »Alle großen Untersuchungen des Sexualverhaltens – wirklich ausnahmslos alle, von Helsinki bis San Francisco – zeigen, daß weite Teile der heterosexuellen Welt zunehmend sexuell sehr inaktiv sind, während gleichzeitig auf Bildschirmen und Plakatwänden hitzig weitergemacht wird.« (M. Lau) Wenn aktuelle Erhebungswerte zutreffen, haben 35jährige Singles eine geringere Koitusrate als eine verheiratete 60jährige Hausfrau. Neueste Untersuchungsergebnisse lassen selbst daran zweifeln, ob zwischen den Jugendlichen der sexuelle Umgang unkomplizierter geworden ist, als es vor drei Jahrzehnten der Fall war. Sie wissen mehr über sexuelle Techniken, ohne aber daß von Aufklärung gesprochen werden kann, die ein erweitertes Maß an Selbstbestimmung ermöglichte.
Der Sexualforscher Volkmar Sigusch zeichnet die Welt der gegenwärtigen Sexualbeziehungen mit ihrem Egoismus und Dispersionen, ihren bizarren Ersatzhandlungen und narzißtischen Inszenierungspraktiken, ihrem kalten Selbstbefriedigungsdrang (der Kinderprostitution, Sextourismus und Gewaltpornographie mit einschließt) und ihrer ästhetisierten Lustlosigkeit als ein Horrorgemälde in der Tradition Hieronymus Boschs.

Selbsterfüllung und Solidarität
Doch auch die gescheiterte Liebe und das verfehlte Streben nach erotischer Erfüllung sind Ausdruck einer im Kern unkontrollierbaren und individuelle Selbstentfaltung reklamierenden Subjektivität. Das Bedürfnis nach Zuneigung, Liebe und Gemeinsamkeit kann immer wieder fehlgeleitet und enttäuscht, nicht aber ausgelöscht werden. Es besitzt eine subversive Kraft, weil sie das Streben nach einem erfüllten Leben durch das Verhältnis zu anderen thematisiert und daran erinnert, daß das Ich ohne das Du nicht existieren kann.
Der Widerspruch zwischen dem Streben nach erfüllter Zweisamkeit und einer entfremdeten Alltagspraxis verweist zwangsläufig darauf, daß eine gelungene Lebensgestaltung zu den objektiven Existenzbedingungen vermittelt ist. Solange durch die sozialen Strukturbedingungen ein erfülltes Leben eher behindert denn gefördert wird, verweist die Utopie der Liebe auf die konkrete Utopie einer solidarischen Gesellschaft: »Setze den Menschen als Menschen und sein Verhältnis zur Welt als ein menschliches voraus, so kannst du Liebe nur gegen Liebe austauschen, Vertrauen nur gegen Vertrauen.« (Karl Marx: MEW 40, S. 567)

Marxismus Emeritus

Bei meinen Recherchen zu einem Referat habe ich zufällig folgenden Artikel von Georg Fülberth gefunden, den ich sehr wertvoll finde. Er hat das sich bereits 1999 ankündigende Ausscheiden des Marxismus aus den bundesdeutschen Hochschulen zum Gegenstand – und begrüßt dies in letzter Instanz.
Eine Einschätzung, die ich persönlich – mehr und mehr im Laufe meines Studiums der Politik"wissenschaften" in Marburg – zu verstehen beginne. Von daher sei dieser Artikel all denjenigen empfohlen, die ernsthaft überlegen noch irgendwo in der BRD ein gesellschaftswissenschaftliches Studium zu beginnen. Nur damit es später nicht heißt: "Ich hatte ja keine Ahnung!"
Aber auch diejenigen, die sich – wie ich – noch durch ein solches Unterfangen kämpfen oder es gerade abgeschlossen haben und an sich selbst den Anspruch haben "MarxistIn" zu sein (eine Selbstbezeichnung, die seit dem Verschwinden des Marxismus aus den Hochschulen immer mehr den Charakter eines selbstverliehen Ordens unter linken AkademikerInnen bekommt – allerdings völlig losgelöst von einer weltanschaulichen Konsequenz und Kohärenz. Da ist mir die Beschimpfung doch lieber gewesen! Aber egal.) sollten diese Anregung nutzen ihr eigenes Wirken kritisch zu hinterfragen.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim lesen – und gute Besserung!

© Georg Fülberth, in: Die Zeit 30/1999


Die Vertreter des Historischen Materialismus an den deutschen Universitäten gehen in Rente. Eine Bilanz

Die anrollende Pensionierungswelle an den Hochschulen wird auch eine ganze Alterskohorte von marxistischen Professoren hinausspülen. Die Frage lautet, was sie in der Zwischenzeit getrieben haben und wem - außer ihnen selbst - ihr Aufenthalt an der Universität genützt hat.

Dass Marxisten im Lehrkörper zumindest höherer staatlicher Anstalten nichts zu suchen hatten, war seit Bismarcks Zeiten nicht nur die Auffassung der Obrigkeit, sondern im Grunde auch der Revolutionäre selbst: Die Universität war eine Einrichtung des gegnerischen Klassenstaats, die eigenen Leute - etwa der Historiker Franz Mehring - schrieben in der sozialistischen Presse und lehrten an der Parteischule. Falls in der Weimarer Republik doch einmal ein Marxist Professor wurde - zum Beispiel der Jurist Karl Korsch in Jena -, blieb dies eine Episode. In der faschistischen Zeit sodann waren die deutschen Universitäten marxistenfrei. Ab 1945 war dies in den Westzonen und der Bundesrepublik zunächst kaum anders. Marxisten, die dort auf Lehrstühle gelangten, waren Ehemalige. Wolfgang Abendroth in Marburg ist die einzige Ausnahme gewesen.

Zugleich regte das aus der Emigration nach Frankfurt/Main zurückgekehrte Institut für Sozialforschung unter der Leitung von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno eine nicht nur marxologische Aktualisierung dialektischen Denkens an - der Spiegel fand das lustig und spöttelte über das "Café Marx".

Die sich diesem Zirkel zurechneten, akzeptierten mehr oder weniger den Knacks, den es inzwischen im Verhältnis ihrer Lehrer zu dem gegeben hatte, was diese als das "positivistische" Element des im Osten etablierten Marxismus ablehnten. Anfang der vierziger Jahre hatte sich Horkheimer mit einem langen Brief von dem kommunistischen Krisen- und Zusammenbruchstheoretiker Henryk Grossmann, der Mitarbeiter des Instituts war, distanziert. Er warf ihm vor, nicht mehr in der Souveränität dialektischen Denkens, sondern in der Realität des konkreten Verlaufs von Wissenschafts-, Ökonomie- und politischer Geschichte die entscheidende kritische Potenz zu suchen. Diese Trennung ist nie wieder revidiert worden (Grossmann ging 1948 direkt aus den USA nach Leipzig), und aus ihr resultierte unter anderem ein manchmal aseptisch anmutendes Misstrauen gegen konkrete politische Praxis, die als Affirmation einer schlechten Realität (zu der auch die Arbeiterklasse, so wie sie war, gehörte) wahrgenommen werden konnte. Nicht um Klassenkampf ging es, sondern um Kritische Theorie. Diese Verkürzung machte das "Neo" im Neomarxismus aus. (Horkheimer und Adorno hätten den zweiten Teil des eigentümlichen Wortes damals wohl nicht mehr für sich akzeptiert.) ...

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»Jugendsünde«

Ich war mal Rocker!
Für alle die es noch nicht kennen: hier ein Relikt aus meiner frühen Jugend, als ich noch cool & sexy war (siehe Foto!).

demotho

Hemmungsloser Idealismus und Drogen bestimmten mein Leben, transportiert vermittels einer Hardcore Band namens »Democrazy« (welch gewaltiger Wortwitz!).
Wochenende für Wochenende verbrachten wir (die Jungs und ich) in Proberäumen und auf kleinen Konzertbühnen – haben es sogar mal ins »Logo« (Hamburg) gebracht, vegane (!) Rezepte ausgetauscht und mit Joint im Mund über den repressiven Charakter von Alkoholkonsum philosophiert. Hach!
Naja. jetzt ist's auch nicht schlecht.

Hier gibt's auf die Ohren: Democrazy - Won't share your lie

Das ist die einzig hochwertige Aufnahme, die wir damals gemacht haben (neben einigen »Liebhaber-Demos«). Danach haben wir uns auch aufgelöst. War quasi ein Abschiedsgeschenk an uns selbst. Ich bin übrigens der sympathisch-verzweifelte Gesang.

Der Herr Licht und die deutsche Romantik

»Es könnte doch sein, dass es den Kapitalismus ab morgen nicht mehr gibt. Dass die Menschen sich rausstellen und einmal das System betrachten - anstatt zur Arbeit zu gehen. Die Proklamation vom Ende des Kapitalismus ist auch der Versuch, einen schönen Gedanken wie eine Blase aufsteigen zu lassen und zu beobachten, wie weit er fliegt.«

Der Sturm des Herrn Licht auf die deutschen Feuilletons hat – wie vorausgesehen – begonnen. Die TAZ macht den Anfang.
Wer sich also fragt, was uns PeterLicht mit seinem neuen Album »Lieder vom Ende des Kapitalismus« zu sagen hat, dem wird hier auch nicht weitergeholfen.

»das verhältnis der brdbürger zur welt ist ein literarisches. es darf unerbittlich alles behauptet werden, dafür ist nichts davon wahr. es gibt keine wahrheit.« (Ronald M. Schernikau)

in diesem Sinne
compay

»Zwischen oben und unten«

Schon oft bin ich ausgelacht worden, für meine These vom Auffinden von so etwas wie »Klasseninstinkt« beim deutschpsrachigen sog. »Porno-Rap«. Ich würde nur eine fadenscheinige Begründung brauchen, um meine »reaktionäre« Neigung zur »Unterschichtenmusik« zu entschuldigen.
Tja. Was soll ich sagen. Folgenden Text fand ich auf einer einschlägigen HipHop-Seite. Und ich denke er hat mehr Potenzial als so manches Studie-Flugbaltt gegen Studiengebühren. Aber lest selbst.




»Zwar habe ich einen Test bei der Zielgruppe durchgeführt und mir wurde bescheinigt dieser Text würde sich lesen als käme er aus dem politischen Weltkundeunterricht. Ich schicke ihn trotzdem los. Ihr wisst ja. Herzensangelegenheit! Ich dachte mir nämlich nach den ganzen Überschriften der letzten Tage, nach den ganzen Spiegel Leitartikeln und den ganzen Expertenmeinungen, fehlt doch noch die Stimme des kompetentesten Fachorgans Deutschlands, die Stimme des besten Labels der Welt zum Thema das uns alle berührt und bewegt: Klinsi killt Kahn und Jens Lehmann ist die neue Nummer 1 im Tor. Und DAZU wollten wir uns doch auf jeden Fall nochmal äußern.

Nein, natürlich nicht.

Natürlich geht es um das Thema, in dem wir zu Hause sind, wo wir sozusagen Tür an Tür mit wohnen. Für das wir gerne verantwortlich gemacht werden mit unserer verrohenden Sprache und das wieder einmal die üblichen Saubermänner und Gutmenschen auf den Plan ruft. Es geht um GEWALT an unseren Schulen und die Frage „Was läuft falsch mit den Ausländern?“

Tolle Überschriften waren das in der BILD (die Zeitung, die im Übrigen am meisten von Gastarbeitern der ersten Generation gelesen wird, weil nun ja, die Sprache relativ einfach gehalten ist), großartige Frage auch: Was läuft falsch mit den Ausländern? Leider ist die Frage falsch, oder besser gesagt ist die Frage der Kern des Problems. Denn wenn hier geborene, hier aufgewachsene und vielleicht sogar mit dem deutschen Pass ausgestattete Menschen nach wie vor als Ausländer bezeichnet werden und als nichts anderes, dann ist das mit der Integration ein bisschen schwierig. Als erfahrener Weltenbürger weile ich ja mitunter in New York und was mich an meinem Leben ziemlich ankotzt ist jede Woche dieser Jet Lag, aber trotzdem habe ich dort in einem Hähnchenimbiss einen Typen getroffen, der vorher in Düsseldorf gelebt hat. Mit seinen 3 Jobs und den etwas verrückten Lebenshaltungskosten in New York hatte er es dort bestimmt nicht leicht aber trotzdem fühlte er sich dort etwas wohler, weil er doch New Yorker sein konnte. Es geht manchmal nur um das Gefühl und zu Deutschland sagte er: Deutschland ist egal. 1 Tag dort oder 40 Jahre. Immer Ausländer.“

Nun gibt es jetzt sogar ein Gipfeltreffen zu diesem Thema. Warum? Warum so früh? Liegt doch schon gute 40 Jahre zurück das Thema. Lasst es doch noch 10 Jahre liegen. Kommt doch eh nichts neues raus. CDU/CSU schreien nach mehr Sanktionen und wollen alle raus haben. Die SPD und die Grünen glauben nach wie vor an das Straßenfest mit Döner und Currywurst. Die FDP will eh nur Ausländer mit Geld, die gut ausgebildet neues Kapital ins Land bringen und die PDS hat selbst Integrationsschwierigkeiten in der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Obwohl man hier auch mal einhaken müsste und nach der Integrationsfähigkeit der CSU Mitglieder fragen müsste. Ich meine, in Bezug auf Deutschkenntnisse, Toleranz gegenüber Homosexuellen und Gleichstellung der Frau gäbe es da sicher noch ein bisschen Diskussionsbedarf und wenn ich Herr Stoiber wäre, dann würde ich das Maul nicht so weit aufreißen, so kurz vor der Ausweisung.

Versteht mich nicht falsch. Ich finde das 5 Punkte Programm der CSU gar nicht mal so falsch. Gesetzliche Integrationspflicht. Deutschkenntnisse vor der Einschulung werden verlangt. Die Stellung der Frau soll gestärkt werden, also keine Zwangsheirat. Und eine Ausweitung von Integrationskursen. Alles wunderbar. Aber diese Argumentation vor dem Hintergrund zu führen, dass Deutschland nach wie vor kein Einwanderungsland sei, dass an der ganzen Verfehlten Integrationspolitik die letzten 7 Jahre rot/grün verantwortlich seien und dass der Traum von der multikulturellen Gesellschaft gescheitert sei, das ist schlichtweg behindert und bringt keine Punkte. Vor rot/grün waren 16 Jahre lang die Unionisten an der Macht und da wurde konsequent eine Politik der Ausgrenzung betrieben. Wenn man Leuten lange genug sagt, dass sie nicht willkommen sind, dann sollte man sich nicht wundern, dass sie sich auch nicht wie willkommene Gäste verhalten.

Eine andere Überschrift des Integrationsfachblatts BILD lautete demnach auch: „Warum waren die ersten Ausländer noch so höflich?“ Vielleicht weil sie dachten, dass sie hier nett empfangen werden. Hat es ihnen was gebracht? Das ist eine rhetorische Frage und die könnt Ihr Euch ja selbst beantworten. Ich kann mich aber noch gut an Zeiten erinnern, in denen Eltern ihren Kindern gesagt haben, dass sie nicht mit den Ausländerkindern spielen sollen.

Anderes Thema! Eigentliches Thema! Denn eigentlich ist das Thema Integration ein ganz schmieriges und peinliches Ablenkungsmanöver. Das eigentliche Thema heißt:

ES GIBT KEINE ARBEIT MEHR IN DEUTSCHLAND!

Zumindest nicht für Menschen, die keine erstklassige Ausbildung mehr erhalten. Gestern habe ich im Radio gehört, wie Herr Bosbach von der CDU argumentierte, dass es Menschen gibt, die zwar nicht den Rauminhalt eines Zylinders berechnen können, die aber sehr geschickt einen Zylinder bauen können, und dass man auch diese Menschen anerkennen muss. Lieber Herr Bosbach, das haben sie wirklich schön gesagt. Bitte sagen Sie doch auch dazu, dass es leider bald keine Fabriken mehr in Deutschland geben wird, die Zylinder herstellen, weil sich solche Zylinder in Tschechien in Polen oder in Vietnam sehr viel billiger herstellen lassen und dass Kinder oder Roboter das sehr viel besser können. Bitte sagen Sie dann auch dazu, dass es die Herren Unternehmer, Konzerne und Vorstände sind, die Arbeitsplätze ins Ausland verschiffen oder neue Rationalisierungsmethoden einleiten. Und schließlich erklären Sie uns dann noch die wunderbaren Zusammenhänge aus der Welt der Börse, dass nämlich ein Aktienkurs steigt, wenn das dazugehörige Unternehmen den Abbau von 6.000 Arbeitsplätzen verkündet.

Es ist schon super, wenn die Deutschen Großkonzerne kostenlos, gut ausgebildete Akademiker von deutschen Universitäten abstauben können um dann im Gegenzug Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, damit die Gewinne steigen und weniger Steuern gezahlt werden müssen.

Ach die Welt ist ungerecht und ich breche gleich in Tränen aus. Aber Arbeit gibt es trotzdem keine mehr für einen Teil der Bevölkerung und wann stellen sich die Verantwortlichen denn jetzt endlich mal hin und erklären das öffentlich. Hartz 4, man muss die Menschen wieder zurück in die Erwerbstätigkeit drängen. Als würden die Menschen nicht arbeiten wollen. Freundinnen und Freunde. Vor 15 Jahren konnte man bei Daimler Benz noch für 4.500 DM am Fließband als ungelernter Arbeiter anfangen. Hier in Berlin konnte man bei BMW arbeiten oder bei Bahlsen. Wie auch immer. Für 4.500 DM konnte man auf jeden Fall gut und gerne arbeiten gehen. Scheiß was drauf, aber diese Arbeitsplätze gibt es eben nicht mehr und sie werden auch nicht wieder kommen.

Ist ja auch nicht schlimm. Ich finde es nicht tragisch, wenn sich der gute Kapitalismus ausbreitet, Frieden und Wohlstand in die Welt bringt und andere Leute nun gutes Geld verdienen und der Lebensstandard überall auf der Welt steigt und alle teilhaben dürfen an den Segnungen der Warenwelt. Mit einem Wort Globalisierung funktioniert doch so, oder? Ich finde es auch nicht schlimm, wenn Maschinen die Arbeit von Menschen verrichten und Roboter die stumpfsinnige Bandarbeit übernehmen. Das ist doch Großartig. Ein Mensch kann doch viel mehr, als jeden Tag dieselben 5 Handgriffe tausendmal zu wiederholen.

Es gibt ja auf der anderen Seite Arbeitsbereiche, die nicht von Maschinen bedient werden können und in denen die Arbeitsplätze nicht ins Ausland verlagert werden können. Kindererziehung. Krankenpflege. Altenpflege. Bildung ganz allgemein. Der gesamte soziale Sektor. Da braucht man Menschen. Menschen, die sprechen können, die sich kümmern können, die nett sind, die leben, die sich einander zuwenden können. Das können keine Maschinen.

Aber diese Bereiche haben kein Geld. Oder wenn sie noch Geld haben, dann haben sie bald keines mehr, weil es gekürzt wird. Es werden Lehrer gebraucht. Sozialarbeiter, Altenpfleger, Krankenpfleger, Krankenschwestern etc. aber es gibt niemanden, der das bezahlen kann oder will. Komisch, wo doch die Unternehmen, die vorher Tausende entlassen haben nun Milliarden an Gewinnen ausweisen. Jahr für Jahr.

Hier müsste man natürlich über etwas sprechen über das noch weniger gern gesprochen wird, als fehlende Arbeitsplätze. Hier müsste man über das hässliche Wort UMVERTEILUNG sprechen. Über Umverteilung von oben nach unten. Über die Umverteilung von Gewinnen. Von Kapital und von Eigentum. Das riecht nach Revolution. Wow! Aber das würde dann doch ein wenig zu weit führen, oder?

Wie auch immer. Ich weiß, dass die Verantwortlichen nicht darüber sprechen werden und deshalb werden solche Nachtrichten wie aus Neukölln in Zukunft öfters zu hören und zu lesen sein. Die Ausgeschlossenen, die Ohnmächtigen, die Chancenlosen werden sich zur Wehr setzen. Immer öfter, immer Härter. Denn es ist schwierig arm zu sein in einem reichen Land. Man spürt es viel deutlicher, dass man nicht dazugehört. Dass man nicht gewollt wird. Dass die anderen auf einen herabschauen. Und diejenigen in den sicheren oder unsicheren Jobs. Sie werden zurückschlagen. Sie schreien nach härteren Maßnahmen, nach mehr Polizei, mehr Sicherheit. Sie wollen nicht abstürzen. Sie wollen nicht nach Neukölln ziehen müssen. Sie schauen sich Detlev Buck an und gruseln sich, aber in der Sonnenallee machen sie dann doch das Knöpfchen vom Auto runter. Man weiß ja nie. Und wohnen tun wir dann doch lieber in Mitte.

Gewalt. Gewalt ist das einzige Mittel auf das diese Menschen ganz konkret reagieren. Mit Gewalt wollen sie nichts zu tun haben. In ihrer Welt werden Probleme anders gelöst, das heißt mit einer viel versteckteren, dafür aber brutaleren Gewalt. Die rohe körperliche Gewalt erschreckt und verstört sie. Versteht mich nicht falsch. Diese Gewalt wird nichts ändern. Als in Frankreich die Autos brannten, haben manche behauptet dass sei die Revolution. Das ist absoluter Quatsch. Das war blinde Zerstörungswut. Die Leute haben ihre eigenen Autos angezündet und ihre eigenen Wohnviertel kaputt gemacht. Und trotzdem ist diese Gewalt gut in ihrer Blindheit. Für einen kurzen Moment hört die Gesellschaft hin und für einen kurzen Moment gibt es Aufmerksamkeit. Genau wie nach dem 11. September. Genau wie jetzt, wo es sogar einen Integrationsgipfel gibt. Nach 40 Jahren Einwanderung in Deutschland.

Diese Gewalt ist gut, auch wenn sie mich treffen kann, weil ich einen Computer habe und vor allem weil ich diesen Computer bedienen kann. Sie kann mich treffen weil ich diesen geschwollenen Text schreiben kann, weil ich etwas habe und wenn es nur eine gute Ausbildung ist und andere haben das nicht. Es wird keinen Kampf der Kulturen geben. Es ist nach wie vor ein Kampf zwischen Arm und Reich. Zwischen denen die Haben und denen die nichts haben. Zwischen oben und unten.

Wir werden nichts dagegen tun können solange wir dasitzen und uns zukiffen und andere machen lassen. Wahrscheinlich werden wir aber auch nichts tun können, wenn wir nicht nur dasitzen und kiffen und etwas tun.

Wir werden es sehen. Aber sagt nicht, ihr hättet es nicht gewusst. Ich habs Euch gesagt. Rechtzeitig oder vielleicht zu spät. Gesagt habe ich’s auf jeden Fall.

Bis dann. Rock’n’Roll.

staiger«

»Anal-«, »Oral-« oder »Phallomarxist«?

Wer sich schon immer mal über die »psychosozialen Formen des Marxismus« informieren wollte, kommt hier auf seine Kosten.
Es lebe der Analmarxismus!
In diesem Sinne...

DKP-Programm

Endlich ist es soweit: Das erste DKP-Programm, in dem die Sowjetunion nicht mehr der »Prüfstein« für KommunistInnen ist. Langsam, aber immer in Bewegung: Die Partei


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